Über Instagram bin ich auf eine junge Frau aufmerksam geworden, die wunderschönen Schmuck herstellt und wollte über sie und ihre Arbeiten mehr erfahren. Auf wen ich dort getroffen bin und welch andere schöne Dinge sie kreiert dürft ihr nun hier erfahren.

 

Name: Sharonda
Alter: 27 Jahre
Beruf: Studentin / Modedesign
Herkunft: Afrika, Ghana / Deutschland, Berlin
Wohnort: Berlin

 

sharonda2_photo_by_dominique_booker

 

 

Du machst wunderschönen Schmuck! Wie kommt man dazu, solch schöne Arbeiten zu kreieren?

Ich war früher besessen von Schmuck und habe mir sehr viel gekauft. Ich fand schon immer großen, bunten, ausdrucksstarken Schmuck sehr toll und dann habe ich irgendwann keinen mehr gefunden und dachte mir, dann mache ich halt meinen eigenen! Anschließend habe ich mir angeguckt, wie in Südamerika Perlenschmuck hergestellt wird, das gefiel mir sehr gut und ich fand es interessant mit Perlen zu arbeiten, wie es in vielen afrikanischen Ländern auch der Fall ist. Da sind die Möglichkeiten der Farbzusammenstellung unendlich – so kam es zu dem Design. Das ist so mein kleines Baby, aber seitdem ich studiere, fällt es mir, aus zeitlichen Gründen, leider etwas schwerer, mich damit zu beschäftigen. Ich setze mich dann meistens in den Semesterferien an ein neues Projekt und dabei entsteht dann ein neues Teil.

 

Das sieht sehr zeitintensiv aus! Wie lange brauchst du ca. für eine Kette?

Ja, das ist es! Es ist unterschiedlich … Ich habe auch schon sehr große Ketten gemacht, daran habe ich dann 3 Monate gesessen, weil ich ja nun mal jede einzelne Perle ins Filz einarbeiten muss. Aber es ist eine schöne Arbeit zum Abschalten!

 

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Kann man deine Stücke kaufen?

Bis jetzt habe ich alle nur für mich selbst gemacht oder ich habe welche verschenkt. Verkauft habe ich sie bisher noch nie. Es war schon mal eine Idee, ich hatte auch ein paar Stücke, die im Laden lagen, aber ich höre oft, dass es den Leuten zu bunt ist etc. Mal sehen … Vielleicht entwickelt sich da irgendwann mal etwas.

 

Wie wichtig ist die ghanaische Kultur für dich?

Also es ist mir jetzt nicht wichtig andauernd zu sagen, dass ich aus Ghana stamme. Aber es ist mir wichtig, dass ich eine Kultur habe! Man wird hier einfach als anders gesehen und bekommt ständig die Frage: „Woher kommst du?“ Und wenn man dann sagt: „Ich bin aus Berlin!“ Dann geht es immer weiter mit: „Nein, woher kommst du wirklich?“ Das endet dann dauernd in einer Diskussion, denn ich habe auch keine Lust mich nonstop rechtfertigen zu müssen, darüber, nicht deutsch sein zu können, nur weil ich Schwarz bin. Ich habe früher immer gesagt, dass ich Deutsche bin. Mittlerweile sage ich es nicht mehr. Das liegt daran, dass man immer wieder erfährt, dass Leute einen so nicht sehen oder akzeptieren und es hinterfragen … Da resigniert man irgendwann. Ich hatte aber trotzdem das Glück, dass es bei mir zu Hause eine gute Balance hatte. Ich hatte also nie wirklich eine Identitätskrise, da meine Eltern beide aus Ghana stammen und die Kultur bei uns gelebt wurde, ich aber auch das „Deutsche“ kenne. Ich glaube, es ist eher dieses Gefühl: Wo fühlt man sich nun zu Hause?

 

Du warst seit 14 Jahren nicht in Ghana, würdest du also sagen, dass Deutschland dein zu Hause ist?

Ich würde nicht sagen, dass Deutschland mein zu Hause ist – Berlin, ja! Aber ich würde da nie allgemein von Deutschland sprechen. Ich habe definitiv Fernweh und den Wunsch dort hinzugehen (nach Ghana), länger zu bleiben und mehr über meine Kultur herauszufinden. Und mehr unter Menschen zu sein, die genau diese Kultur wirklich leben und Twi (eine ghanaische Sprache) sprechen, weil ich irgendwie immer noch, trotz zu Hause, so fern davon bin. Berlin ist schon cool und es ist nicht so, als ob man jede Sekunde darauf aufmerksam gemacht wird, dass man nicht weiß ist, aber es gibt halt schon Momente, in denen man sich nicht heimisch fühlt.

 

 

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Wie gehst du durch dein Leben in Deutschland als Schwarze Frau?

Was sich durch mein Leben gezogen hat, war immer diese abartige Sexualisierung von schwarzen Frauen – davon habe ich viel abbekommen. Ich war sehr frühreif und habe zu den wenigen gehört, die früh Brüste und Hintern hatten. Als Kind war man immer schnell verliebt und niemand war an einem interessiert, sondern an der besten Freundin, die blonde Haare hatte und von einem Tag auf den anderen waren dann alle auf einen fixiert. Das waren sie aber nicht, weil man eine interessante Person war, sondern weil man Brüste hatte. Gleichzeitig wurde einem eine Sexualität zugesprochen, die noch gar nicht da war in jungen Teenagerjahren und man wurde mit Klischees beladen. Ich hatte wenige Erfahrungen, bei denen es darum ging, dass ich nur Schwarz bin, es war immer mit dem Frau sein gekoppelt. Sexismus und Rassismus gingen Hand in Hand miteinander.

 

Was bedeutet es dir oder was bedeutet es für dich eine Schwarze Frau zu sein?

Gute Frage … Lange Zeit hat es mir nicht sehr viel bedeutet, das gehörte nicht wirklich zu meiner Identität, weil es nie wirklich starke negative Wellen gab, die mich dazu gezwungen haben, mich gegen etwas wehren zu müssen und positiver Rassismus war mir als junger Mensch nicht gegenwärtig, aber mittlerweile ist es anders. Eine Schwarze Frau zu sein bedeutet für mich: Einen politischen Standpunkt zu haben, vor allem überhaupt einen Standpunkt zu haben, damit ich mich selbst bestärken kann. Andere Gleichdenkende zu finden, die Ähnliches erlebt haben und wir es gemeinsam angehen können. Für mich ist es eher ein politisches Statement, ich würde es jetzt nicht unbedingt mit meiner Kultur verbinden. Durch meine Erfahrungswerte ist es mir wichtig sagen zu können, dass ich eine Schwarze Frau bin. Vor allem spielt das Frausein, da auch eine große Rolle. Ich hatte letztens noch eine Unterhaltung mit einer Freundin darüber, warum man sich eigentlich labeln muss. Für mich hatte das früher keine Bedeutung, weil ich immer dachte, wir sind alle gleich, aber mit dem Alter kommen eben viele Erfahrungswerte zusammen und man wird sich viel bewusster darüber, was z.B. Dinge, die gesagt werden auch bedeuten. Deswegen ist mir heutzutage wichtig zu sagen, wo mein Standpunkt ist und diesen Standpunkt vertrete ich als Schwarze Frau. Denn ich habe Diskriminierung erfahren müssen, weil ich eine Frau bin, UND weil ich Schwarz bin. Allgemein bin ich sehr auf Girlpower aus und ich finde es wichtig, dass wir uns gegenseitig stärken, denn für uns macht es keiner, das müssen wir selbst tun. Kurz gesagt: Es ist wichtig,dass wir als schwarze Frauen uns gegenseitig empowern können und auch Statements setzen können.

 

Du setzt dich also viel damit auseinander, welche Konflikte es im Leben mit sich bringt, Frau zu sein!
Bist du denn gerne Frau?

Ja, ich bin sehr gerne Frau! Ich bin glücklich über den Fakt, dass es mir in meiner Haut gut geht und dass ich zufrieden bin mit mir als Frau, aber es ist für mich sehr schwierig zu daten in Deutschland. Unter weißen Männern, bzw. eigentlich grundsätzlich unter Männern herrschen einfach bestimmte Stereotypen, die einer Schwarzen Frau zugeschrieben werden. Bei weißen Männern fällt es einem nur viel öfter auf, weil man immer das Gefühl hat, austauschbar zu sein. Man wird in erster Linie von Menschen angesprochen, die „Jungle Fever“ haben. Das bedeutet, diese Männer stehen speziell NUR auf Schwarze Frauen und für sie ist es nicht wichtig, welche charakterlichen Eigenschaften diese Frau hat, wie sie denkt und wie komplex sie sein kann. Diese Komplexität wird dir einfach genommen, dadurch, dass dieses stereotypische Denken überwiegt und wir eher gesehen werden, als die, die im Bett wild und mal laut ist. Wir werden als einfach gesehen und das ist sehr ermüdend. Ich kenne viele Schwarze Frauen und keine Einzige von ihnen ist einfach!

 

 

sharonda_collage

 

 

Was tust du, um dem entgegen zu wirken? Wo und wie findest du für dich einen Weg diesem „Frust“ zu entkommen?

Ich habe viele Freundinnen, super viele intelligente Freundinnen, die auch ähnliche Erfahrungen gemacht haben. Mit ihnen tausche ich mich sehr viel aus und lese sehr viel, um sich bewusst zu machen, wie es ist. Aber ich möchte auch nicht, dass das überhand in meinem Leben gewinnt, denn wenn ich nur in die eine Richtung denke, sehe ich in jedem Mann einen Feind und das möchte ich nicht. Ich suche das Gespräch, um herauszufinden, wie der Mann vor mir tickt und was seine Absichten sind.

 

Warum ist es wichtig für dich Freundinnen zu haben, die ähnliche Wurzeln haben, wie deine?

Man trifft auf Verständnis und versteht sich irgendwie blind. Man kann miteinander kommunizieren über Dinge, die andere nicht verstehen können. Es ist mir sehr wichtig diesen Austausch zu haben, denn jeder hat verschiedenste Erfahrungen gemacht und man bekommt die Möglichkeit sich fallen zu lassen und darüber ohne Wertung erzählen zu dürfen. Es ist jetzt nicht so, als würde man nonstop darüber reden – auf gar keinen Fall, das passiert eher selten. Aber falls es etwas gibt, weiß man, dass diese Freundinnen einen am besten verstehen und ermutigen können. Mein Freundeskreis ist aber allgemein sehr gemischt.

 

Den Begriff “Cultural Appropriation” hört man im Moment sehr oft – wie ist dein Standpunkt zu diesem Thema?

Ich habe mich damit etwas ausführlicher beschäftigt, besonders, da ich ja auch viel mit Mode zu tun habe. Seit Jahren ist jetzt beispielsweise “Ethno” total in, alleine schon dieses Wort … und es wird überall bespielt und es ist so schlimm geworden, dass man auf Festivals Dinge trägt, bei denen ich mich frage: Ist das euer Ernst? Das Coachella Festival wird ja z.B. immer sehr beworben und dann sieht man im Voraus immer schon Styling Ideen, oft werden dabei auch Leute mit native Headpieces gezeigt und das kann einfach nicht angehen! Aber das ist ja grundsätzlich das Problem bei Natives, dass sie für nichtig erklärt werden, dass es sie nicht gäbe oder sie ein Mythos wären …

Das Problem mit Cultural Appropriation ist, dass priveligierte Menschen sich aus verschiedensten Kulturen heraussuchen was ihnen grade so gefällt und es dann als hip, modern und neu verkaufen. Man nimmt oder übernimmt einfach irgendwelche Dinge, weil es keine Inspirationsquellen mehr gibt, ohne darauf zu achten, dass das Sachen sind, die für Bevölkerungsgruppen wichtige Bedeutungen haben. Zurzeit werden von allen Dashikis getragen oder Cornrows werden Boxerbraids genannt und niemand nennt die wahre Quelle dieser ‘Trends’ … Es wird immer so getan, als gäbe es das alles nicht und sobald der Weiße es macht, ist es auf einmal da und cool und umbenannt heißt es dann “Urban-Look”. Ich habe ein einziges Mal in meinem Leben Cornrows getragen und mir wurde gesagt, dass ich wie ein Gangsta-Rapper aussehen würde, oder als würde ich gerade aus dem Knast kommen, aber jetzt ist es total trendig so auszusehen und an jeder Ecke sieht man ein Mädel mit Hairstyles für die schwarze Menschen belächelt wurden. Das sind einige Beispiele, die mir dazu einfallen. Ich finde es einfach nur abartig.

 

 

Vielen Dank für deine ehrlichen Worte Sharonda!

 

mehr von Sharonda und ihrem Schmuck, findet ihr unter:

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