Zurück in die Heimat, um eine langjährige Freundin zu befragen und gleichzeitig die tolle “Arbeit”, mit etwas sehr Schönem verbinden, denn wir haben uns sehr lange nicht mehr gesehen. Unterhalten haben wir uns über dieses Thema bisher noch nie, obwohl wir einige Phasen miteinander erlebt haben. Ich bin wie immer sehr gespannt, was mich erwartet … Auch wenn Elias es nicht in Ordnung findet, dass Mama Zeit mit mir alleine benötigt :), später wird weiter gespielt! Wir beeilen uns auch!
Wer bist du, woher kommst du und was machst du?
Ich heiße Mascha, komme aus Koblenz und wurde 1988 in Lahnstein geboren. Ich bin Fotografin und liebevolle Mama.
Woher stammen deine Eltern?
Meine Mama kommt aus Deutschland, mein Papa stammt aus Belize und zog später nach Los Angeles.
Weißt du auch wie deine Eltern sich kennengelernt haben?
Ja, sie haben sich in einem Club beim Tanzen kennengelernt.
Wie bzw. warum kam dein Vater nach Deutschland?
Er wurde durch die Army hier stationiert, gebürtig lebte er ja in Los Angeles. Er hat dann meine Mama hier kennengelernt und so nahm die Geschichte ihren Lauf.
Hast du Geschwister?
Einen älteren Bruder (Anthony) und eine ältere Schwester (Shantelle).
Shantelle, Mascha & Anthony / Mascha & Mama Elke / Papa Eric & Mascha
Welche Kultur wurde bei dir zu Hause gelebt? Hast du viel von der Seite deines Vaters mitbekommen?
Ich glaube es war eher deutsch. Außer, wenn es um Cartoons und manches Essen ging … Ich würde sagen wir sind eher deutsch.
Hat sich dein Vater eher der deutschen Kultur angepasst?
Ja, dass macht ihm aber auch nichts aus. Er ist glücklich so.
Welche Sprache wurde gesprochen bei euch zu Hause?
Als Kind sprach mein Vater Englisch mit meiner Mutter und gebrochenes Deutsch mit uns. Heute muss ich ihn immer darauf hinweisen, dass er Englisch mit mir reden kann und das auch bitte mit meinem Sohn machen soll. Dann fällt er aber immer wieder ins Deutsche zurück. Also mehr Deutsch als Englisch.
Hast du bewusst Unterschiede bemerkt bei deinen Eltern im Kleinkindalter?
Ist es dir aufgefallen, dass beide eine unterschiedliche Herkunft haben?
Eigentlich nur am Dialekt. Ich habe mir nie wirklich Gedanken darüber gemacht.
Hast du dich selbst als anders empfunden in deinen jüngeren Jahren?
Oder jetzt noch? Wie hat dich das begleitet?
In der Grundschule etwas, ja. Da war ich schon ein Außenseiter, aber ich weiß nicht ob das wegen meiner Hautfarbe war. Ich war aber definitiv die Einzige die so aussah. Ansonsten war ich eigentlich wie alle anderen Kinder und wurde auch so behandelt. Heute ist das anders … Ich weiß nicht so recht … Ich glaube das liegt eher an meinem Charakter. Ich glaube ganz wenige Leute sehen mich als der „Mischling“ der ich bin.
Du hattest also keine Erlebnisse, die das Gefühl gaben, dass deine Herkunft eine Rolle gespielt hat, im Negativen als auch Positiven Sinne?
Doch, in Sylt, da wurde ich zweimal als Neger beschimpft! Dort erlebte ich aber auch Positives! Es war das erste Mal, dass ich einen Schwarzen außerhalb von Koblenz gesehen habe und dieser hat mich begrüßt, darüber habe ich mich sehr gefreut.
War das zu Hause ein Thema? Weißt du von Situationen wo das Aussehen deiner Geschwister eine Rolle gespielt hat?
Nein, bei uns zu Hause in der Familie nicht, aber bei der Familie von meiner Mama war das anders. Die meisten meiner Tanten hatten auch dunkelhäutige Männer, sind aber alle nicht mehr zusammen. Die Tanten, die keinen dunkelhäutigen Mann hatten, haben dem Ganzen eher skeptisch gegenüber gestanden. Der Bruder meines Opas war rassistisch veranlagt. Das habe ich mitbekommen, bin aber niemals darauf eingegangen, dann hatte sich das für mich auch erledigt. Mein Bruder erzählte mir einst, dass er mit einem Äthiopier zusammen gearbeitet hat, welcher zu meinem Bruder sagte, dass er nicht „richtig“ schwarz wäre. Mein Bruder fragte ihn daraufhin, ob er sich also umsonst sein Leben lang anhören musste, dass er ein Neger ist?!
Du sagtest die Schwestern deiner Mama hatten auch dunkelhäutige Männer,
wie viele Schwestern hat deine Mama und wie viele dieser Männer waren dunkelhäutig?
6 und 4!
Und woher stammten diese?
Sie waren afrikanischer und afro-amerikanischer Herkunft.
Das ist interessant, du warst also von einigen dunkelhäutigen Menschen umgeben! Wie sah/sieht dein Freundeskreis denn so aus?
Mit welchen Menschen hast du dich umgeben? Ist es dir bewusst ausgefallen, dass du bestimmte Menschen um dich herum hattest?
Als Kind hatte ich sowieso wenige Freunde, da war ich nur von Weißen umgeben, außer meinen Geschwistern und meinem Papa und manchmal dem Rest meiner Familie. In der Jugend dann habe ich mich mehr für die schwarze Seite in mir interessiert und mich mehr nach meinesgleichen umgesehen. In dieser Phase war ich auch sehr stolz halbschwarz zu sein. Als mir dann aber bewusst wurde, dass das alles gar nicht so wichtig ist, habe ich mich eher auf die inneren Werte bezogen. Dann war es auch “ziemlich Wurst” wer weiß, grün oder schwarz ist … Aus diesem Grund ist mein Freundeskreis jetzt auch bunt gemischt.
Was war mit Männern, hat sich da dein Geschmack auch verändert?
Nein, da überhaupt nicht, ich hatte nie einen bestimmten Geschmack, was Männer betrifft.
Man kann also doch sagen, dass es zu einem bestimmten Zeitpunkt eine Phase gab, in der du dich doch ganz klar
mit deiner Herkunft auseinander gesetzt hast?
Ja!
Was hast du getan, was veränderte sich?
Ich wollte mehr schwarz, als weiß sein, dass weiß ich noch ganz genau. Ich habe auch, als ich mich in die Geschichten der Sklavenzeit hinein gelesen habe, teilweise eine Abneigung gegen Weiße empfunden. Wäre meine Mama keine weiße Frau, wäre das vielleicht auch ausgeartet. Ich habe mich auf jeden Fall sehr darauf fokussiert als Afro-Amerikanerin wahrgenommen zu werden, auch wenn ich das nicht zu 100% bin.
Welches Gefühl hat dir das gegeben?
Ich war stolz! Stolz und froh etwas Besonderes zu sein.
Die Veränderungen an dir selbst, wie haben die sich geäußert, war das innerlich oder nur äußerlich oder
hat sich das noch auf andere Dinge ausgeweitet?
Eher äußerlich! Mein Musikgeschmack hat sich aber auch geändert. Ich habe mich mehr in die urbane Richtung gekleidet und meine Haare voluminöser getragen.
Wie hast du vorher ausgesehen?
Ich war ein Punk mit Undercut und Springerstiefeln. Auch wenn man es nicht glauben kann, ich habe mich auch mal in der Skinheadszene bewegt und da wurde ich anerkannt und hatte null Probleme.
Glaubst du, dass diese Veränderungen eher mit deinem Charakter zu tun hatten als deiner Herkunft?
Ja, da hab ich einfach reingepasst. Da ging es überhaupt nicht um’s Aussehen!
Du hast also eine Weile lang nach dir selbst gesucht…
Ja, sehr lange … Damals mit ca. 13 hat es angefangen, jetzt mit 25 habe ich mich selbst gefunden. Nun bin ich froh darüber die zu sein, die ich bin.
Hast du eigentlich schon mal den Heimatort deines Vaters besucht?
In Belize war ich noch nicht, aber in Los Angeles. Das war auch sehr schön, weil die meisten einfach so aussahen wie man selbst. Ich habe mich sehr gefreut da zu sein! Zum ersten Mal gab es Afro-Amerikaner in der Werbung, die Shampoo beworben haben oder schwarze Familien am Frühstückstisch die ein Toastbrot vorgestellt haben. So etwas sieht man in Deutschland nicht.
Wann bist du das erste Mal dorthin geflogen?
Im Jahre 2007.
Hattest du zu dem Zeitpunkt das erste Mal die Möglichkeit deine Familie väterlicherseits kennen zu lernen?
Manche von ihnen habe ich schon vorher getroffen, weil sie uns in Deutschland besucht haben.
Versuch doch mal das Gefühl zu beschreiben, wie es war mit deiner Familie in Amerika zu sein!
Es war schön! Das erste Mal war schön … Es war so ein Zusammenhalt, vor allen Dingen wurde mir alles gezeigt. Ich hatte eine neue Sicht auf verschiedene Sachen. Ich habe viele schöne, aber auch viele hässliche Dinge gesehen. Beim zweiten Mal war das alles nicht mehr so schön, auf einmal wirkte vieles hässlich und die Menschen waren nicht mehr so bewundernswert wie vorher, aber da war ich auch etwas älter und hatte eine andere Sicht auf die Dinge.
Auf deine Herkunft bezogen, gab es da Veränderungen, die du festgestellt hast durch den Besuch bei deiner Afro-Amerikanischen Familie?
Gab dir das die Möglichkeit neue Seiten an dir zu entdecken oder hattest du das Gefühl dass du das gar nicht bist, was du da vor getroffen hast?
Das erste Mal habe ich das nicht gedacht und habe mich auch zu 100% hinein gefühlt. Ich fand es auch ganz besonders, wie meine Familie so war.
Was war da so besonders?
Die Art zu leben … Die war so einfach und verschwenderisch … Verschwenderisch im guten Sinne! Man konnte alles machen und kaufen, aber so einen speziellen Unterschied habe ich da gar nicht bemerkt. Also es war schon schön, aber für mich persönlich hat sich da nicht viel geändert. Vielleicht war es noch ein bisschen schöner halbschwarz zu sein, aber das hat sich dann auch wieder gelegt mit dem reifer werden. Deswegen war es beim zweiten Mal vielleicht nicht so besonders.
Bist du dort anders behandelt worden, weil du zur Hälfte deutsch warst?
Nein, das habe ich nicht mitbekommen. Ich bin aber auch erst später darauf aufmerksam geworden, dass es Mischlinge gibt die Probleme damit haben, in Amerika von “100-prozentigen Afroamerikanern” anerkannt zu werden. So etwas ist mir erst im Internet aufgefallen. Zu mir war jeder sehr nett. Ich habe mich angenommen gefühlt.
Als du zurück nach Deutschland kamst, wie war das?
Ich habe damit angegeben! In mir hat sich da nicht wirklich was verändert. Mein Interesse an der Geschichte hat sich jedoch verdoppelt. Ich habe dazu dann noch mehr gelesen, aber nicht um herauszufinden, dass ich Weiße nicht mag, sondern um mehr darüber zu erfahren was meine Vorfahren durchlebt haben.
Was glaubst du, warum du so stolz warst?
Wahrscheinlich, weil ich anders war? Wenn man anders ist, dann ist man erst mal anders, man sticht aus der Gruppe heraus. Es ist nicht so, dass ich mich nicht mochte, ich habe schon gemerkt, dass ich anders bin, konnte aber nichts damit anfangen, glaube ich. Und dann habe ich mich hinein gelesen und es wurde immer besser und irgendwann kam der Stolz dazu. Im ersten Moment war ich nur anders, das war nichts Besonderes. Im zweiten Moment war ich anders und deshalb besonders – großartig.
Warst du später in deinem Leben also anders, weil du dich selbst so gesehen hast oder weil andere dir das Gefühl gegeben haben?
Ich habe mich so gesehen!
Anders, nur wegen deinem Aussehen?
Ja, hatte ich schon das Gefühl. Aber vielleicht waren auch die anderen anders, weil sie alle anders aussahen und ich war ich?!
Dieses Anderssein war für dich also etwas Positives?
Ja, es war sehr schön, meine Hautfarbe, meine Haare, meine vollen Lippen, einfach alles war schön!
Bist du immer noch so stolz darauf?
Ich bin froh zu sein, wer ich bin, innerlich! Äußerlichkeiten sind mir jetzt egal! Stolz spielt in dem vorherigen Kontext auch keine Rolle mehr für mich. Mich hat mal ein Afrikaner auf der Straße angesprochen, während ich mit meinem Ehemann telefoniert habe. Er hat nicht aufgehört zu reden, weshalb ich ihm dann auch sagte, dass mein Mann am Telefon ist. Dann fragte er mich ob, mein Ehemann weiß oder schwarz sei. Daraufhin antwortete ich, dass er weiß sei. Er schüttelte dann seinen Kopf und ging weiter.
Wie war das für dich?
Mein erster Gedanke war: Du Vollidiot! Was spielt das für eine Rolle?! Das war so ein altmodisches Denken. Warum spielt das eine Rolle, was ist da anders?
Am Anfang sagtest du, dass es bei euch zu Hause eher deutsch war. Was bedeutet Deutschsein für dich?
Ich würde mich schon als ziemlich deutsch beschreiben, aber wieso?! Das ist eine schwere Frage. Es gibt ja deutsche Eigenschaften abgesehen von der Hautfarbe. Deutschsein ist für mich diszipliniert sein, aber andererseits sind das auch andere Länder. Ich bin deutsch weil… Es gibt kein Deutschsein glaube ich… Gibt es ein Deutschsein? Gibt es ein Amerikanischsein? Ich glaube nicht. Ich glaube man ist einfach der Mensch der man ist.
Als was würdest du dich dann bezeichnen?
Als Mascha! Ich komme in keine Kategorie! Für mich ist, jetzt wo du nachgefragt hast, deutsch einfach deutsch. Das ist ein Wort, aber das beschreibt keinen
Menschen. Man ist einfach so wie man ist, das ist meine Antwort!
Fühlst du dich diesem Land zugehörig? Bist du hier richtig? Bist du so wie der Rest?
Ja, ich fühle mich zugehörig! Ich werde nicht anders angeguckt oder behandelt. Ich gehöre dazu!
Das Wort „Mischling“, du hast es schon benutzt, was fällt dir dazu ein?
Das ist wie das Wort Deutsch auch einfach nur ein Wort. Es ist die Kategorisierung eines Menschen. Also andere sehen das als Aufteilung, es gibt Schwarze, Weiße, Mischlinge … Manche sehen das vielleicht als Beleidigung, aber für mich ist das einfach nur eine Beschreibung. Manche fragen mich: „Darf man
schwarz sagen? Darf man Maximalpigmentierter sagen?“, aber mir ist das eigentlich egal, solange man nicht Neger sagt! Und Mischling … Mich nennt eigentlich keiner einen Mischling. Ich nenne mich selbst so, aber für mich ist das einfach nur ein Wort.
Du hast es bereits angesprochen, was ist mit dem Wort Neger?
Das finde ich schlimm!
Warum?
Das wirft einen zurück in die Sklaverei … Der dreckige Neger! Ich finde das schlimm.
Du empfindest es also als Beleidigung! In jeglichem Kontext oder gibt es da Unterschiede?
Es gibt das Wort Neger und Nigger, je nachdem von wem es kommt ist es eine Beleidigung. Wenn ich in der Musik von Schwarzen Nigga höre, dann überhöre ich das. Ich höre es zwar, aber es interessiert mich nicht. Wenn es von Weißen kommt ist das anders, dann finde ich das schlimm! Ich finde man sollte das Wort im Allgemeinen nicht gebrauchen, warum auch?
Dir ist aber nicht richtig klar, warum du das so empfindest? Geht es darum, in welchem Kontext ein “Weißer”
dieses Wort gebraucht oder im Allgemeinen?
Es geht mir darum, allgemein dieses Wort zu benutzen! Für Weiße ist es abwertend, weil sie es damit verbinden, wo wir herkamen, es wird damit verbunden, was aus uns gemacht wurde. Und das ist für sie der Begriff, der beschreibt, dass wir immer noch weniger wert sind als andere. Für mich bedeutet es, dass wenn ein Weißer es sagt, dass ich weniger wert bin!
– Für eine kurze Zeit wurde es ruhig, Mascha‘s Augen wurden glasig und ein paar Tränen liefen ihre Wange hinunter –
Möchtest du ein Taschentuch?
Nein danke! Ich habe noch nie so darüber nachgedacht …
Was ist jetzt gerade passiert?
Wenn man darüber nachdenkt, wie böse ein Mensch sein kann und was unsere Vorfahren alles miterleben mussten, nur aufgrund ihrer Hautfarbe und es einem tatsächlich in der heutigen Zeit noch passiert, da wird man irgendwie zurückgeworfen in die Vergangenheit. Das ist so blödsinnig und so bösartig. Es kann natürlich auch sein, dass es Menschen einfach so herausrutscht und gar nicht richtig darüber nachgedacht wird, aber ich denke allgemein sollte man es nicht mehr benutzen. Es verletzt einfach!
Wechseln wir zu einem anderen Wort, was fällt dir zu dem Begriff „Haare“ ein?
Wunderschön! Und schwer kämmbar würde ich sagen!
– Da kam das Lächeln zurück –
Ich finde meine Haare schön. Meine lockigen Haare, sie sind eine Mischung aus beidem, schwarz und weiß und deshalb sind sie auch so schön. Ich habe aber auch kein Problem damit meine Haare glatt zu tragen. Haare symbolisieren einen Teil von mir, auch das ich eine andere Herkunft habe, aber im Endeffekt sind sie nur ein Accessoire auf meinem Kopf, so wie ein Ohrring. Ich hätte also auch kein Problem mir meine Haare abzuschneiden. Das ist kein Identitätsmerkmal für mich. Meine Haare definieren nicht wer ich bin. Wie India Arie bereits sagte: „I am not my hair!“.
Wie war das in deiner Kindheit, wie haben andere auf deine Haare reagiert, hast du daran Erinnerungen?
Ja, alle wollten solche Haare haben wie ich und ich habe mich immer gefragt warum? Ich konnte es nicht verstehen, weil sie so schwer zu kämmen waren. Sie waren einfach störrisch, knotig, unkämmbar und alle fanden sie immer so wunderschön und sagten sie hätten gerne meine Haare und würden dafür ihre glatten eintauschen. Für mich war das unverständlich. Hiermit auch noch ein Lob an meine Mama, die es immer wieder geschafft hat meine Mähne zu bändigen!
Wie denkst du über das Aussehen deines Sohnes? Diese Frage hört sich komisch an, aber ich denke du weisst, worauf ich hinaus möchte?!
Er ist schön! Ich habe letztens noch darüber nachgedacht. Mein Vater hat mir ein Buch gegeben und darin findet man Infos, wie die Menschen in vielen 100 Jahren aussehen. Es wird dann eine Mischung aus allen “Rassen” geben. Und bei Elias trifft es ja schon irgendwie zu, dass er mit vielen Herkünften gemischt ist. Sowohl von meiner als auch der Seite meines Mannes. Er vereint Spanien, Amerika, Deutschland, Afrika, Frankreich … Er ist einfach eine Mischung aus allem. Ich sehe ihn einfach als schönes Wesen. Aber speziell auf die Hautfarbe bezogen, ordne ich ihn nicht zu. Er ist sein eigenes Wesen.
Man fantasiert ja als werdende Eltern immer darüber, wie man sich sein eigenes Kind vorstellt.
Gab es bestimmte Dinge die das Aussehen betreffen, die du dir gewünscht hast?
Ich habe mir gewünscht, dass er nicht die Nase meines Mannes bekommt,
– Ein lautes Lachen erklang –
aber ich dachte auch, dass ich es nicht so schön fände, wenn mein Sohn solche Locken bekäme, wie ich sie habe. Das aber eigentlich nur aus dem Grund, weil ich es bei Männern nicht so schön finde. Mittlerweile bin ich anderer Meinung, jetzt weiß ich, dass es Männer gibt, denen lockiges Haar auch sehr gut steht. Ansonsten habe ich mir gewünscht, dass er volle Lippen bekommt, die ich ja auch von meinem Vater habe. Wäre es ein Mädchen gewesen, hätte ich es mir anders vorgestellt! Ein Mädchen hätte alles von mir haben können, Locken, ein voluminöses Hinterteil, schön geformte Nase …
Man kann also schon sagen, dass du die ausgeprägten „Features“ eines Afro-Amerikanischen (oder afrikanischen)
Menschen auch als schön empfindest? Ist es für dich besonders schön?
Ich finde alles schön! Jede Rasse hat etwas Schönes. Aber ich kann nicht sagen, ich finde Asiaten oder Schwarze besonders schön. Jeder Mensch hat eigene schöne Merkmale an sich.
Man merkt schon, dass du bestimmte Sachen die eher Merkmale für den dunkelhäutigen Menschen typisch sind,
schön findest und auch für dein Kind gerne gehabt hättest …
Ja, also wenn man es so sieht hätte ich mir schon gewünscht, dass mehr schwarz als weiß in meinem Kind ist, wenn es ein Mädchen geworden wäre. Als Junge nicht. Das ist komisch oder? Aber die Hautfarbe hätte ich auf jeden Fall so gelassen wie sie jetzt ist.
Aus welchem Grund?
Weil sie schön ist. Sie ist angenehm!
Warum ist sie angenehm für dich?
Ich hätte es nicht schlimm gefunden, wenn er dunkler geworden wäre, aber er ist schön so wie er ist. Egal wie er geworden wäre, er wäre schön, weil er mein Kind ist!
Ist es das erste Mal, dass du dich verbal mit jemandem über dieses Thema austauschst?
Du hattest ja sogar einen Moment, der dich zum Weinen brachte …
Ja! Kleinigkeiten bespreche ich auch ab und an mit meinem Mann, aber die meiste Zeit mache ich das mit mir selbst aus.
Und wie war dieses Gespräch nun für dich?
Positiv! Einfach zu antworten ohne großartig darüber nachzudenken und somit herauszufinden wie man wirklich fühlt war sehr interessant. Teilweise aber auch verwirrend. Dass ich geweint habe, das hat mich ein wenig verstört. Das mich etwas so berührt sagt wohl doch, dass es mich irgendwie beschäftigt, wobei ich dachte, dass ich schon längst darüber stehe. Das war alles sehr informativ für mich selbst und viele Dinge waren mir gar nicht so bewusst, weil ich mich damit in diesem Umfang noch nicht beschäftigt habe. Ich bin mir jetzt noch einmal sicherer, dass ich einfach bin, wer ich bin. Egal ob weiß oder schwarz, ich bin einfach großartig, so wie ich bin. Ich bin nicht mehr besonders, weil ich so aussehe, sondern weil ich, ich bin!
Eine abschließende Frage hätte ich noch an dich: Empfindest du deine Herkunft als Segen oder als Bürde?
Weder noch! Sobald ich meine Herkunft als Segen oder Bürde bewerte, stell ich sie als Segen über oder als Bürde unter die andere Herkunft.
Vielen Dank für das ehrliche Gespräch liebe Mascha!