Nachdem ich mich bisher größtenteils mit Frauen unterhalten habe, deren Alter zwischen (Mitte) 20 und 40 liegt, habe ich mich entschlossen mir auch Mal anzuhören, was die jüngeren Generationen zu sagen haben. Wie gehen sie mit bestimmten Thematiken um und wie weit sind sie in dieser Entwicklung? Dazu habe ich mich mit dem Sonnenschein Maame getroffen, einige ihrer Worte notiert und gleichzeitig versucht ihr wunderschönes, ansteckendes Lächeln für euch festzuhalten.

 

 

Name: Maame
Alter: 19
Beruf: Studentin BWL
Herkunft: Berlin / Ghana

 

 

 

 

Deine Eltern stammen aus Ghana, warst du schonmal dort?

Ich war bisher zweimal in Ghana, aber ich würde gerne öfter hin. Ich hoffe, wir schaffen es bald wieder, es würde mich richtig freuen dort sein zu können. Das Problem ist leider nur, dass die Beziehung zu mir und meiner Oma und meiner Schwester (die in Ghana aufgewachsen und geblieben ist) etwas komisch ist, da ich und meine Brüder nicht die Sprache sprechen. Ich verstehe die Sprache (Twi), spreche sie ein bisschen, aber ich mache oft Fehler beim Satzbau, weil ich sie nie richtig gelernt habe. Deswegen wurde ich oft ausgelacht und das schreckt einen ab. Das macht die Kommunikation mit meiner Oma sehr schwierig, da sie auch kein Englisch versteht. Ich versuche aber etwas Twi mit meinen Freunden zu sprechen, das muss sein, denn, wenn die Sprache nicht vorhanden ist, geht auch die Kultur verloren! Ich finde es wichtig, sich mit Kultur und Tradition zu befassen und es nicht einfach so hinzunehmen, denn nur so entwickelt man ein Verständnis für viele Dinge, auch dafür, was zu Hause so passiert.

 

Dir ist es also wichtig die Kultur und Tradition zu bewahren?

Ja sehr! Ich möchte nicht, dass wenn ich einmal Kinder habe, dass dieser Hintergrund wegbricht. Es soll bei ihnen anders sein, als bei mir, denn der Kontakt zu Verwandten ist einfach anders, wenn man z.B. die Sprache nicht spricht. Deswegen bringt es nichts rumzuheulen, sondern man muss aktiv dagegen steuern. Meinen Eltern war es immer wichtig, dass wir afrikanisch bleiben. Mein Vater sagt immer: „Egal was ist, ob du auf dem Papier deutsch bist oder nicht, du bleibst immer noch Afrikanerin!“  Gleichzeitig legten sie aber immer viel Wert darauf, dass wir z.B. immer sauberes Deutsch sprechen, denn wir würden wegen unserer Hautfarbe schon auffallen.

 

Bist du Deutsche?

Ich denke ich bin deutsch! Also, ich sage immer, ich bin afrodeutsch!

 

Was bedeutet Deutschsein für dich?

Mit diesem Thema habe ich mich lange befasst. Ich habe die Kultur angenommen und kann nicht sagen, dass mich das nicht beeinflusst hat. Ich spreche diese Sprache, das ist die einzige Sprache, die ich wirklich kann. Hier sind meine Freunde, ich bin hier zur Schule gegangen und alle Vorteile, die mir dieses Land bietet, nehme ich an. Wenn ich sage, dass ich deutsch bin, heißt das für mich aber nicht, dass ich meinen kulturellen Hintergrund verleugne oder vernachlässige – deswegen sage ich auch afrodeutsch.

Deutschsein bedeutet für mich nicht, dass man keinen afrikanischen Hintergrund haben kann, denn Deutschland, oder besonders Berlin, ist so bunt! Da kann mir niemand sagen, wer deutsch ist, ist blond, blauäugig und hellhäutig. Deutschsein steht für Vieles!

 

 

 

 

 

 

Wie stehst du zu den Worten schwarz / dunkelhäutig / braun um deine Hautfarbe zu beschreiben?

Ich war immer diejenige, die gesagt hat: „Ich bin nicht schwarz, ich bin braun!“, denn ich bin nicht schwarz, ich bin dunkel!

 

Du verbindest mit dem Wort „Schwarz“ also die Farbe?!

Genau! Deswegen benutze ich lieber das Wort dunkelhäutig. Früher hat mich das einfach immer gestört, mittlerweile sehe ich es lockerer.

 

Trägst du deine Haare schon immer natürlich, also gelockt?

Meine Haare trage ich so seit 3 Jahren.

 

 

 

 

Das bedeutet vorher waren sie immer geglättet?

Seit ich mich erinnern kann, hatte ich schon immer recht viel Haar und es war immer geglättet, das war für mich normal, denn ich kannte es nicht anders. Deswegen wollte ich auch schon immer Weave tragen. Meine Freunde durften das alle schon sehr früh, meine Mama hat es mir aber nicht erlaubt. Dann hatte ich immer Cornrows oder trug sie im Zopf.

 

Und seit 3 Jahren sind sie nun so … Sie sehen übrigens wunderschön aus!
Wie kam es denn zu dieser Änderung?

Dankeschön! Ich war immer ein Kind, dass sehr viel Zeit zu Hause verbracht hat. Deswegen war ich immer viel am PC und im Internet unterwegs. In dieser Zeit wollte ich immer lange Haare haben und habe mir deshalb diese ganzen Natural Hair Videos reingezogen, bei denen ich kaum etwas verstanden habe, weil sie auf Englisch waren. Irgendwann habe ich dann Eins entdeckt, in dem das Mädchen sagte, dass Afrikanerinnen ihre Haare nicht lang wachsen lassen können … Sie würden höchstens nur bis zu den Schultern gehen. Das hat mich total aufgeregt, denn das stimmt überhaupt nicht! Es gab dann relativ schnell immer mehr Videos und das fand ich schön und habe es meiner Mutter gezeigt, die daraufhin sagte: „Diese Frauen sind alle gar nicht komplett Schwarz. Das sind meistens Afro-Amerikanerinnen und die sind oft gemischt. Du wirst niemals solche Haare haben!“ Ich wollte es aber versuchen, und obwohl sie der Meinung war, dass es nicht gut aussehen wird, hat sie es mir erlaubt. Das hat mir geholfen, da viele meiner Freundinnen, die es probieren wollten, es von zu Hause aus nicht durften. Ich habe dann aufgehört sie zu relaxen und dann später ganz abgeschnitten und ein Jahr lang Braids getragen. Als man dann endlich etwas gesehen hat, fanden mein Vater und meine Brüder es total schön und meine Mutter fand es schrecklich, sie kann sich bis heute auch nicht wirklich damit anfreunden.

Eine Freundin von mir hat damals eine Facebookseite gemacht und ein Interview mit mir gemacht. Dort konnte man auch ein Bild von mir mit meinen kurzen Haaren sehen. Darauf kamen dann Kommentare wie: „Bist du das Maame?“, „Oh Gott, wie siehst du denn aus?“, „Deine Haare sind zu kurz!“ Das hat mich dann abgeschreckt, meine Haare weiter offen in dieser Länge zu tragen.

Als sie dann lang genug waren, dass ich sie offen tragen konnte, kamen dann genau die gleichen Leute und haben gefragt, wie ich das gemacht habe. Sie sagten, dass ihre Haare niemals so aussehen würden, ihre Haare wären zu hart usw. Vorher hat mich also jeder komisch angeguckt und nun wollten sie es auch. Wenigstens versuchten sie sich damit anzufreunden und das freute mich dann wieder. Leider ist es für viele schwer, diesen Shift von glatten Haaren auf lockige zu akzeptieren. Das wird dann noch schlimmer, wenn sie sehen, dass sie keine Korkenzieherlocken haben. Dann finden sie ihre Haare zu „buschig“, zu kraus oder sogar hässlich, aber darum geht es doch gar nicht! Und dann kommt auch auch oft die Ausrede, dass man mit den Haaren doch gar nichts machen kann. Wenn man seine Haare pflegt und weiß, wie man sie stylen muss, dann sieht jede Struktur schön aus. Wie kann man sagen, dass das, was aus dem eigenen Körper wächst, hässlich ist?!

 

 

 

 

Vielen Dank für deine ehrlichen Worte Maame <3

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